Pflichtteilsrecht: Das Vermögen durch spezielle Konzepte schützen

Dr. Christopher RiedelNicht immer sollen alle Erben gleichermaßen von einem Vermögen profitieren. Das Pflichtteilsrecht sieht für bestimmte gesetzliche Erben aber eine Mindestquote vor. Um Schäden am Vermögen zu vermeiden, ist es wichtig, dass sich Vermögensinhaber mit dieser Fragestellung frühzeitig auseinandersetzt.  

Die Asset Protection, also der umfassende Vermögensschutz, ist für Vermögensinhaber ein entscheidender Punkt in der langfristigen Entwicklung von Wertpapieren, Immobilien etc. Einmal aufgebaute Vermögenswerte sollen in die Zukunft geführt und am besten transgenerational erhalten werden. Dabei kommt der Erbengeneration natürlich umfangreiche Bedeutung zu: Wie gehen die Erben mit den erworbenen Vermögenswerten um? Können Sie die Philosophie und Werte des Vermögenseigentümers mittragen und weiterhin etablieren? Und wollen sie das ererbte Vermögen überhaupt weiterentwickeln oder für den Konsum mehr oder weniger schnell aufzehren?

Mit solchen Fragen befassen sich viele Vermögende bei der Gestaltung der Vermögensnachfolge. Doch was passiert, wenn sie zu dem Schluss kommen, dass aus bestimmten Gründen ein Erbe nicht geeignet ist, in voller Höhe von dem Familienvermögen zu profitieren – sei es aufgrund seiner Persönlichkeit, seines Lebenswandels, der Wahl des Ehegatten oder einer anderen Implikation? Dann benötigen sie eine rechtlich tragfähige Lösung, um das Vermögen im Rahmen der Nachfolge zu schützen.

Ein Weg dafür ist, einzelne Abkömmlinge als Nachfolger auszuwählen und andere von der Erbfolge auszuschließen. In dieser Entscheidung liegen dann jedoch Pflichtteilsansprüche für den nicht bedachten Pflichtteilsberechtigten (zum Beispiel ein Kind oder den Ehegatten) begründet. Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils und hängt von der Erbquote sowie weiteren Parametern ab. Die Höhe ist dementsprechend von Fall zu Fall unterschiedlich und muss jeweils individuell errechnet werden. Der Pflichtteil ist grundsätzlich ein Geldanspruch.

Wichtig dabei ist, dass Vermögensinhaber nicht ohne eingehende Planung in ein Pflichtteils-Szenario geraten. Denn Pflichtteilsansprüche können teuer werden und zu schweren Vermögensschäden führen, etwa bei einem Immobilienportfolio. Denn wenn bei einem Witwer mit zwei Kindern eines aus der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen werden soll, stehen ihm grundsätzlich 25 Prozent des Vermögens zu – eben die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils, der bei zwei Erben bei 50 Prozent liegt. Diesen Anspruch hat der Erbe nach dem Antritt des Erbes in bar auszugleichen.

Was das bedeutet, kann jeder leicht errechnen. Werden beispielsweise (Musterberechnung!) Bargeld und Wertpapiere in Höhe von einer Million Euro und Immobilien im Wert von fünf Millionen Euro weitergegeben (was bei einem langfristig aufgebauten Portfolio schnell zusammenkommen kann), bedeutet dies einen Anspruch des von der Erbfolge Ausgeschlossenen auf 1,5 Millionen Euro. Diese Summe muss der Erbe zügig aufbringen – was in der Regel nur über die Veräußerung einer Immobilie funktionieren wird, selbst wenn das gesamte liquide Vermögen aus der Erbmasse dafür genutzt wird.

Es ist entscheidend, dass Vermögensinhaber langfristig planen, wie sie mit etwaigen Pflichtteilsansprüchen umgehen wollen und können. Wenn sich andeutet, dass sie einen oder mehrere potentiell Pflichtteilsberechtigte testamentarisch ausschließen wollen, sollten sie eine Strategie dafür entwickeln. Ein Weg kann die Vereinbarung eines Pflichtteilsverzichts gegen Abfindung sein. Dies kann die späteren Pflichtteilsansprüche eines Abkömmlings gegen die Erbmasse frühzeitig ausgleichen.

Dr. Christopher Riedel

Dr. Christopher Riedel ist Rechtsanwalt, Steuerberater und Fachanwalt für Steuerrecht in Düsseldorf. Er berät Unternehmer und Privatpersonen bei allen Fragen rund um die Gestaltung und steuerliche Optimierung der Unternehmens- und Vermögensnachfolge (auch mit grenzüberschreitendem Bezug) und kombiniert seine etablierte Expertise und Erfahrung aus den Rechtsgebieten Steuerrecht, Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht sowie Erbrecht und Gesellschaftsrecht. Weitere Informationen: www.christopherriedel.de